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Interview: Gun Barrel

vom 9. Februar 2013 Szene, Wien
Wie schwer hat man es als deutsche Metal Band heutzutage? Stimmen die teilweise krassen Berichte über ausfallende Einnahmen, untreuen Zuschauermassen und die strenge GEMA-Politik? Ist anscheinend nicht weiter schlimm, so lange der Spaß nicht zu kurz kommt. Zu einem wirklich seltenen Gastspiel der deutschen Metal-Szene, lud die "German Metal Attack" Tour 2013, diesmal sogar zu einem Österreich-Termin. Unter anderem kamen neben Grave Digger auch die Kölner Heavy-Metal Rock 'n' Roller Gun Barrel in die Szene Wien. Und die Burschen machen es goldrichtig, denn genau so muss guter Metal sein: Dreckig, direkt, wuchtig, ein klein wenig verrucht und natürlich darf er sich selbst nicht zu ernst nehmen. Und genau diese Gratwanderung schaffen die jovialen Scherzkekse aus Köln.
Diese Band muss man einfach mögen. Grund genug früher anzureisen und die Jungs geschlossen - in dem ehemaligen Porno-Kino, das die Szene ja früher einmal war - zum Interview antreten zu lassen. Und das hatte es in sich: Wie ich schon im Nachbericht zum Abend geschrieben habe, war es eines, wenn nicht das witzige Interview das ich bisher geführt habe. Die Kombo, bestehend aus Rolf Tanzius, Toni Pincirolli, Tom "Tomcat" Kintgen und der neue Mann am Mikro, Patrick Sühl entpuppten sich als humorige und äußerst sympathische Gesprächspartner. Endlich mal eine Band, die den Rock 'n' Roll richtig zelebriert.
Und da die coolste Truppe seit Spinal Tap, ja quasi auf Urlaub war, ließen sie sich keinen Spaß entgehen und natürlich auf der Tour auch nichts aus. Außerdem warten sie mit komischen Anekdoten zur aktuellen Tournee auf und haben durchaus, den ein oder anderen, veritablen Musik-Tipp auf Lager. Mehr dazu im nachfolgenden Interview.

Das Interview:

Michael Voit: Hallo Jungs. Willkommen in Österreich, vielen Dank dass ihr Euch vor eurem Auftritt noch Zeit für unser Interview nehmt! Stellt ihr Euch bitte kurz vor.
Toni Pinciroli: Ja Hallo, ich bin der Toni und Schlagzeuger …
Rolf Tanzius: … ich bin der Rolf und der Gitarrist …
Patrick Sühl: ... und ich bin der Patrick, Sänger bei Gun Barrel!
Michael: Ihr seid ja jetzt schon eine Weile mit der "German Metal Attack Tour" unterwegs, wie ist es bis jetzt?
Toni: Läuft super und die Resonanz ist prächtig. Dafür dass wir die Ersten sind, die auf der Bühne stehen, haben wir bis jetzt immer das Glück gehabt, dass Dreiviertel der Leute schon da waren.
Rolf: Es ist immer gut besucht und wir werden auch super angenommen - bis jetzt. Aber es sind ja nur mehr zwei Abende zu spielen. Die sicher auch! Wir werden super behandelt und das Essen ist auch klasse. Wir haben jeder drei Kilo zugenommen.
Toni: Auch das Feeling untereinander ist toll, also unter uns drei Bands!
Rolf: Vier!!
Toni: Ja, vier Bands. Es gibt kein Konkurenzgehabe oder so, fast wie eine Familie die unterwegs ist. Alles geht Hand in Hand.
Michael: Und wie schaut's mit Konflikten aus. Es sind ja doch sehr viele Männer und Egos auf relativ engem Raum zusammen?
Toni: Nein, passiert eigentlich nicht.
Patrick: Wir haben alle verschiedene Frauengeschmäcker!
Toni: Und der Vorteil ist, dass nicht alle vier Bands unter einem Dach sind, sondern jeder für sich reist. Die Hauptband ist mit dem Nightliner unterwegs. Wir reisen mit einem kleinen Bus, genau wie Majesty, und schlafen dann immer in einem anderen Hotel. Wizard haben ein Wohnmobil.
Michael: Stimmt, ich habe das Wohnmobil draußen stehen gesehen.
Rolf: Ja, ganz edel. (lacht)
Toni: Ein sozialer Abstieg.
Michael: Gibt es Wunschkandidaten mit denen ihr gerne mal auf der Bühne stehen wollt?
Patrick: Eine Menge! Da machst du ja jetzt ein Fass auf…
Toni: Bei den ganz Großen angefangen - als ich noch klein war - wäre da Motörhead…
Rolf: Also ich war da schon groß. (lacht)
Toni: Mit Alice Cooper würde ich gerne mal die Bühne teilen. Judas Priest. Da gibt es jede Menge.
Patrick: Im Endeffekt alles was man im CD-Regal stehen hat.
Michael: Wie schaut's da mit der Realisierbarkeit aus? Habt ihr nicht bald wieder ein Jubiläum?
Toni: Wir haben gerade eines gehabt, das Zehnjährige vor zwei Jahren.
Michael: Naja, dann steht in drei Jahren eh schon wieder eines an! Gibt ja eh immer was zu Feiern!
Toni: Wir brauchen gar keinen Grund zum Feiern!
Patrick: Das geht auch ohne.
Toni: Gerade jetzt! Ihr Österreicher sagt ja "Fasching" dazu, wir "Karneval"!
Michael: Wir Österreicher sind nicht so das Faschings-Volk. Aber er ist ja bald vorbei ...
Toni: Ja, für Euch "Gott sei Dank", und für uns schade.
Michael: Euch gibt es ja jetzt schon eine ganze Weile, wie ist es da, wenn ihr die Bühne betretet? Läuft da ein Programm ab, oder geschieht das eher unbewusst?
Rolf: Wir machen das schon alles sehr spontan. Wir haben nichts eingeübt oder so. Wir geben alle was Passendes dazu. Zumindest glauben wir das.
Toni: Und erstaunlicherweise passt es jeden Abend. Wir bekommen jedes mal Beifall. Also haben wir alles richtig gemacht.
Rolf: Wir sind ein Phänomen! (lacht)
Patrick: Es ist tatsächlich so, grade auf einer Tour wie dieser, wo man 17 Abende die gleiche Setlist hat, hat man irgendwann eine gewisse Routine. Aber man hat jeden Abend mit einem anderen Publikum zu tun. Da hat man schon so ein Gefühl. Das fängt eigentlich schon an, wenn man neben der Bühne steht und das Intro läuft an. Und vielleicht hört man dann schon die ersten, die dabei am Jubeln sind. Und dann kommt man auf die Bühne und man weiß nicht genau, nimmt einen das Publikum an, oder lassen sie dich erst mal, die ersten beiden Nummern zappeln.
Toni: Adrenalin gibt's immer. Nehmen wir mal die Adrenalin-Schübe vom aller ersten Auftritt, wo wir noch nicht so viel Erfahrung hatten, bis jetzt: da verlagern sich die Adrenalin-Schübe dann ganz woanders hin. Hauptsächlich dieser kleine Bammel, vorm Betreten der Bühne, ist auf jeden Fall immer noch da. Da hat jeder so seine eigenen Bammel, z.B. vor einer gewissen Stelle im Song. Da muss jetzt das, und das hin, und dort gehört das gespielt. Da kommt vielleicht eine gewisse Art von Routine hinein. Aber ich würde nicht sagen, dass wir deswegen abgestumpft wirken. Eigentlich geben wir jeden Abend Vollgas! Ob da jetzt zwei Leute vor der Bühne stehen, oder - was für jeden Künstler geil ist - wenn die Bude gut gefüllt ist. Immer Vollgas und die positiven Resonanzen direkt mitnehmen.
Michael: Es gibt ja viele Musiker, die vor einem Auftritt, mit einem Schluck Bier, das Lampenfieber bekämpfen. Geht Euch das auch so, oder gibt's bei Euch Bier erst nach dem Auftritt?
Patrick: Also ich trink vorm Konzert schon gern mal ein Bier, aber nicht um das Lampenfieber zu bekämpfen. So was kenne ich eigentlich nicht. Bei mir ist eher so, dass ich ein paar Minuten vorher unter Strom stehe und darauf warte, dass es endlich losgeht.
Rolf: Das hab ich auch. Ich brauch eigentlich auch nichts vorher.
Michael: Ist das also eher so eine Art Nervenkitzel kurz vorm Auftritt?
Toni: Genau, das ist total was Positives: Wann kann man endlich anfangen und den Laden auseinander nehmen? Ich habe einmal den Fehler gemacht, dass ich granatendicht auf die Bühne gegangen bin - das war glaube ich in Mailand - keine gute Idee. Und seit dem Zeitpunkt - das ist jetzt sicher auch schon über acht Jahre her - habe ich da großen Respekt vor!
Rolf: Er hat immer behauptet es wären nur 3 Dosen Bier gewesen. Wir waren da aber dabei und haben die vollen Müllsäcke weggeworfen. (alle lachen)
Michael: Wie viel Entertainer ist ein Musiker heutzutage oder wie viel Entertainer muss ein Musiker heutzutage sein?
Patrick: Was heißt "heutzutage"? Ich glaube man musste als Musiker immer ein Entertainer sein, um etwas zu erreichen. Die Musiker, über die wir heute noch sprechen, die in den Köpfen der Leute stecken - wie z.B. Frank Sinatra - das waren Entertainer. Freddie Mercury war ein Entertainer.
Rolf: David Lee Roth!
Patrick: Genau, das sind Entertainer!
Michael: Ich meine eigentlich, wenn Du heutzutage als Musiker nachhaltig auffallen möchtest.
Toni: Ich glaube, ich verstehe Deine Frage. Ich bin auch der Meinung, dass es schon wichtig ist ein bisschen Show zu machen und sich nicht nur die Instrumente umhängen und auf der Bühne stehen. Eine gewisse Art der Unterhaltung sollte schon vorhanden sein. Das Problem heutzutage ist, dass sich Leute Musik in schlechtester Qualität aus dem Netz herunter ziehen, und sie übers Handy hören. Demnach dürfte es denen auch scheißegal sein, wie die Leute sich auf der Bühne präsentieren. So kommt es mir zumindest vor.
Patrick: Ich ziehe da eigentlich einen anderen Schluss: Wenn die Leute sagen, dass ihnen die Qualität egal ist, dann ist es die Bühnenshow, die sie dort abholt und ihre Meinung vielleicht ändert. Ich glaube nicht, dass die Besucher dieser Tour am Abend nach Hause gehen und sagen: "Wahnsinn, geiler Abend! Bei denen hat jeder Ton gesessen. Die kommen eher raus und sagen: "Geiler Abend und eine geile Party!" Und das ist auch das, was man bieten muss, sonst bleibt man leider die "nette" Support-Band: "Die waren jetzt nicht schlecht, aber ich war mir grade noch ein Bier holen!"
Toni: Wir profitieren ja Gott sei Dank noch von einem Zuschauer-Klientel, wo man sagen kann, dass sich die Download-Aktivitäten in Grenzen halten. Weil die meisten Fans - so wie wir auch - diesem Sammler-Instinkt nachgehen: "So was möchte ich gerne zu Hause haben, weil's mir gefallen hat." Früher war's halt so, dass man zwar etwas mehr dafür ausgegeben hat, es zwar nicht kannte aber nur Gutes darüber gehört hat. Und heute tun einem 15-20 Euro doch schon weh. Vor allem wenn man einen Fehlkauf gemacht hat. Man hört's bei einem Kollegen und wenn es mir gefällt, bin ich halt dann der Typ, der es sich kauft.
Rolf: Ja, das mach ich auch so.
Michael: Ich muss sagen, wenn mir etwas gefällt, dann kaufe ich es mir auf Vinyl, sofern es erhältlich ist.
Toni: Oh, Vinyl!
Patrick: Das ist ja die einzige Szene bei der das noch funktioniert. Das ist ja auch so ein Phänomen. In welcher anderen Szene funktioniert es sonst noch, sich ein Vinyl ins Merch zu holen, und die dann auch noch an den Mann zu bekommen?
Michael: Ihr habt letztes Jahr euer neues Album mit dem mächtigen Titel "Brace For Impact" rausgebracht, was gibt' darüber zu erzählen?
Toni: Ja, es ist ein Arschtritt und nebenbei das grandiose Debüt von Patrick. Mehr gibt's dazu nicht zu sagen.
Patrick: Wenn man dazu noch mehr sagen müsste, wäre der Titel falsch gewählt. Das ist so ein Titel, der sollte schon für sich stehen.
Rolf: Er heißt nicht "My Baby got the Blues". (lacht)
Michael: Patrick, wie waren die ersten Aufnahmen mit den Jungs?
Patrick: Was heißt Aufnahmen? Die Instrumente waren eigentlich schon fertig, als ich dazu kam. Was aber eigentlich keinen großen Unterschied machen würde, weil es so und so Step-by-Step aufgenommen wird.
Toni: Er hat nur zeitlich von uns die Daumenschrauben angelegt bekommen. Er hatte also nicht so viel Zeit sich vorzubereiten.
Rolf: Das war ein ganz mieser Trick von uns. Das machen wir immer so. Wir haben das Wort "Deadline" erfunden. (lacht)
Patrick: Aber eigentlich hat das ganz gut geklappt. Ich hatte aber auch freie Hand von den Jungs aus. Wenn ich einen Text fertig hatte, habe ich ihn halt mal mitgebracht und konnte da viel probieren. Es gab keine Reglementierung, wie ich zu singen hatte. Damals zumindest noch nicht, heute ist das anders. (lacht)
Nein, also ich konnte da sehr unvoreingenommen rangehen und in die Studioarbeit eintreten. Mit Yenz Leonhardt haben wir da natürlich einen recht fähigen Produzenten an der Hand. Er versteht es, das Beste aus einem rauszukitzeln. Und nachdem er die Band schon so lange kennt, konnte dann natürlich im Zweifelsfall auch mal sagen: "Denk doch mal in die oder die Richtung!"
Michael: Das heißt die Texte obliegen dir, Patrick?
Patrick: Ja, aber es gibt von den Jungs immer Textideen. Besonders Rolf, wenn er ein geil klingendes Wort oder auch einen Ausspruch findet, dann gibt es da einen Ordner, wo das alles reinkommt. Da sind so ganz kleine Abrisszettelchen drinnen, wo dann teilweise nur ein oder zwei Sätze draufstehen oder eine Idee für einen Songtitel. Teilweise aber auch ganze Strophen. Das ist halt so ein Ideenfundus, bei dem ich mich bedienen kann, aber grundsätzlich liegt das bei mir.
Michael: "Brace For Impact" war dann vermutlich auch so eine Idee?
Patrick: Ja, das ist ein typischer Rolf.
Rolf: Das sind halt alles Titel, von denen ich glaube dass sie zur Band passen.
Michael: Markus Grosskopf von Helloween hat letztens meinem Kollegen erzählt, dass er die besten Einfälle aufm Klo oder im Bett hat, und dort direkt mit einem Diktiergerät aufnimmt. Ist das wirklich so?
Rolf: Ne, ich hab die besten Ideen auf der Arbeit.
Patrick: Ist ja im Grunde auch so ein Ding wo man Zeit verliert! (lacht)
Toni: Da merkt man wie ausgelastet er auf der Arbeit ist. Bei mir ist das anders: Im Zeitalter des Smartphones, summe ich was und nehme es dann immer auf. Und zu Hause oder im Proberaum versuche ich das dann mit den Jungs auszuarbeiten.
Rolf: Ich hab jetzt eine neue Arbeitsstelle, und die CD wo wir grade dran arbeiten, wird voller Hass sein. (lacht)
Michael: Spielt man Sachen die man selber auch hört, oder versucht man musikalisch einen Gegenpol zu dem zu finden? Oder anders gefragt: Muss man die Musik-Richtung hören, die man spielt?
Patrick: Für mich persönlich gilt, ich will das machen, was ich an der Musik mag, also auch was ich höre.
Toni: Ich glaube, wir verkörpern als Band das, was jeder zu Hause so an Musik hört. Ist zwar eine Mixtur, weil wir ja nicht alle das selbe hören, aber trotzdem trägt man seine Favoriten mit in den Song hinein. Dadurch entsteht dann halt auch dieser Gun Barrel-Sound. Das mag zwar vielleicht für viele Leute nach 08/15 klingen, aber uns gefällt's.
Michael: Oh, da kommt ja noch jemand. Stellst Du Dich bitte vor?
Tomcat: Hi, ich bin Tomcat und der Bassist von Gun Barrel.
Michael: Wir sprechen gerade über das Songwriting: Gibt es Schreibblockaden, habt ihr so etwas?
Patrick: Nö.
Rolf: Ne.
Toni: Da kann man einfach nur sagen "Nö". Der Rolf hat keine Schreibblockade, der schreibt immer weiter!
Patrick: Der schreibt sogar noch, wenn man gar nicht mehr will, dass er noch schreibt. Ich glaube, der hat die nächsten 5 CD's schon fertig! (lacht)
Rolf: Naja, ist ein 8-Stunden-Job, da hab ich viel Zeit. Ich kann das irgendwie so drehen, dass die meinen ich würde arbeiten. (lacht)
Toni: Hast Du da dann immer die Brille mit den aufgeklebten Pupillen auf?
Rolf: Ja genau!
Michael: Wie geht ihr mit Konflikten um? Ihr seid ja viel auf Tour und da geht man sich bestimmt auch mal auf den Keks?
Patrick: Das kommt bei uns eigentlich sehr selten vor, aber im Zweifelsfalle einfach mal sagen: "He, Du gehst mir auf den Sack!"
Rolf: Hat er gestern grade zu mir gesagt.
Patrick: Stimmte ja auch!
Toni: Ja und heute und vorgestern auch schon! Eigentlich die ganze letzte Woche. (lacht)
Patrick: Wie gesagt, kommt jetzt nicht so oft vor, aber dann halt offen ansprechen.
Rolf: Ja stimmt, so gravierende Probleme haben wir eigentlich nicht.
Michael: Mich hätte auch noch interessiert, warum das Album "Live at the Kubana" nur limitiert raus gekommen ist? Ich frage deshalb, weil ich keines mehr bekommen habe.
Toni: Daran können wir arbeiten.
Michael: Auf jeden Fall ist ja ein Großteil der Nummern auf der Jubiläums-DVD "Gunniversary" vertreten. Die DVD ist ja generell eine ziemlich lustige Sache. ich hab mich köstlich amüsiert.
Rolf: Wie gesagt, wir haben selten Probleme. (lacht)
Michael: Das heißt ihr seid wirklich so entspannt, wie ihr auf der DVD rüberkommt?
Rolf: Ja wir sind wirklich so!
Patrick: Kriegste das nicht mit?
Toni: Welches Gefühl hast Du denn?
Michael: Naja, nachdem ich Euch vorher nicht persönlich kannte, stand die Frage durchaus im Raum. Weil streckenweise ist es doch so komisch, dass ich viel und gut gelacht habe. Irgendwie hatte ich das Gefühl, ihr habt mehr Spaß als ihr Musik macht?
Toni: Na hör mal, das ist ja unsere Freizeit. Wenn wir wie Trauerklöße rumhängen würden, wäre ich lieber zu Hause, weil da wird Karneval gefeiert. Man muss schon versuchen jeden Tag High Level zu fahren, aber natürlich mit einer Substanzvernunft. Das heißt, nicht jeden Tag all zu viel Alkohol. Eine gesunde Mischung halt.
Michael: Aber es ist schon so, dass ihr nach der Show noch feiert?
Toni: Also ich fange heute dezent wieder an. Ich hatte die letzten Tage eine starke Erkältung, die ich auskurieren musste. Die Jungs haben mich jeden Tag brav ins Hotelzimmer gebracht. Da bin ich ihnen heute noch dankbar, dass sie meine Arbeit mitgemacht haben, dass ich mich auskurieren konnte.
Tomcat: Da blieb nämlich auch mehr für uns. (lacht)
Rolf: Da brauchten wir nur durch Drei zu teilen.
Patrick: Ich glaube ab heute wird's dann eh wieder eng mit dem Backstage-Bier.
Michael: Ist es planbar, dass man mit seiner Band Erfolg hat?
Patrick: Als Band selber wird's vermutlich schwierig. Man kann zwar einen Fahrplan entwerfen, aber eine Garantie gibt es nicht, außer man wird sehr gepusht. Da muss dann aber eine Firma dahinter stehen, die sagt: "Wir stecken da jetzt ordentlich Kohle rein!". Eine Firma kann das mit Sicherheit bis zu einem gewissen Punkt planen, wenn die z.B. eine Million "versenken". Und dann schicken die den mit bekannten Bands auf Tour. Irgendwann hast du den Leuten die Band dann in den Kopf gehämmert. Das ist einfach so.
Tomcat: Dafür gibt's ja auch entsprechende Beispiele. So planen kann man es letzten Endes nicht, weil es gibt natürlich auch so Bands, wo der Erfolg zu planen versucht wird, und es klappt einfach nicht. Wenn es wirklich so planbar wäre, dann wären wir heuer auf jeden Fall bei Rock in Rio dabei. Kannst ja mal unsere Homepage im Auge behalten. (lacht)
Rolf: Ich hab's schon in den Kalender eingetragen. (lacht)
Michael: Komischerweise will da jeder hin, der Chris Boltendahl hat mir vorhin das Gleiche erzählt.
Patrick: Kannst ja dem Chris Bescheid sagen, dass wir ihn auf die Gästeliste setzen.
Michael: Wie schwer hat man es heute als deutsche Metal-Band?
Tomcat: Ich glaube genau so schwer wie vor 30 Jahren.
Toni: Gut, heute ist das Angebot vielleicht größer, als seinerzeit, als wir angefangen haben, uns für diese Musik zu interessieren. Da konnte Mann alle guten Bands an zwei Händen abzählen. Aber heutzutage werden Dir hunderte Bandnamen pro Monat um die Ohren gehauen, da können schon gute dabei sein, die gehen aber leider in der Masse unter.
Rolf: Ich sag mal so, wenn man laufend gebucht wird, so wie wir, kann man stolz auf sich sein. Wenn man in der Versenkung verschwindet, weil das keiner hören will, dann hat man ein Problem. Das hatten wir bis jetzt nicht, also stimmt bei uns alles. Es könnte natürlich ein wenig schneller nach oben gehen, aber grundsätzlich soll man zufrieden sein, mit dem was kommt.
Michael: Geht ihr gegen diese Internetpiraterie vor, die ja mittlerweile Überhand nimmt?
Tomcat: Da kann man nix machen.
Patrick: Wir haben das neue Release direkt nach Veröffentlichung als Stream auf die Homepage gestellt. Und dann muss man eben darauf vertrauen, dass die Alben in der Szene noch gekauft werden. Wenn das Album den Leuten gefällt, dann kaufen sie es auch direkt nach dem Konzert bei uns. Und da können wir sie dann sogar signieren.
Tomcat: Die Leute, die es im Internet kostenlos runterladen oder halt klauen, die haben es auf jeden Fall schon mal gehört und können sich für oder gegen die Band entscheiden. Und wenn es ihnen gefällt, dann kommen sie zu den Shows.
Michael: Lebt ihr eigentlich von der Musik?
Rolf: Nein.
Michael: Aber wie lässt sich denn dann so eine Tour mit dem Job vereinbaren?
Tomcat: Wir machen das einfach! Wir müssen natürlich viel diskutieren, dass wir frei kriegen. Wir wollen's ja unbedingt.
Michael: Das heißt also ihr seit auf Urlaub?
Toni: Genau, und deswegen immer die schönen Momente genießen.
Tomcat: Wir wollen ja einen schönen Urlaub haben.
Toni: Ich glaube dass ist jetzt angekommen.
Michael: In all den Jahren in denen Ihr jetzt unterwegs seid, hat sich mit Sicherheit die ein oder andere amüsante Story zugetragen, gibt's eine speziellen Moment, den ihr so schnell nicht vergesst?
Toni: Ich glaube das würde jetzt den Rahmen sprengen.
Tomcat: Es passieren natürlich, wenn man viel unterwegs ist, eine Menge Sachen, so Kleinigkeiten halt. Letztens haben wir Toni's Snare-Drum aus dem LKW verloren. (lacht)
Toni: Weil unser Busfahrer, der gleichzeitig auch der Gitarrist der Band ist, nicht in der Lage war, die Flügeltüren unseres Busses vernünftig zu schließen.
Patrick: Namentlich wird er jetzt nicht erwähnt.
Toni: Tja, und während der Fahrt sind die vermutlich aufgesprungen. Als wir im Hotel ankamen, haben die Jungs bemerkt, dass die Tür offen war und die Trommel fehlte. Da hat dann der Gitarrist dem Bassisten eine SMS zukommen lassen.
Tomcat: Ne, er hat mich angerufen, er war nämlich noch ein bisschen feiern und sagte: "He Du, hör mal, die Trommel ist weg! Bring ihm das schonend bei!"
Toni: Auf einmal steht unser Bassist neben mir und sagt: "Hör mal, versprichst du mir auf dem Boden zu bleiben?" Ich kannte mich überhaupt nicht aus. "Versprichst du mir cool zu bleiben?" Und als ich endlich einwilligte, sagte er mir: "Deine Snare ist weg!" Nach einem kräftigen Schluck Gin-Tonic gings dann. Ich hab mich gefragt, wie die Trommel nur aus dem Bus rausfallen kann!? Und am nächsten morgen haben wir uns dann getroffen und er hatte die Hände überm Kopf und ständig "Tu mir nix! Ich weiß nicht wie das passieren konnte!" gesagt. Ich hab dann die Polizei in Speyer angerufen, und tatsächlich war er dort. Wir sind dann alle hin und haben eine Autogramm-Karte abgegeben. Ich hab den Finder kontaktiert und mich bedankt, da hat er mir erzählt, dass er ihn auf dem Weg zur Arbeit, im letzten Moment, gesehen hat. Hätte ja noch viel schlimmer kommen können: Stell Dir vor, der Koffer springt weg und trifft einen Passanten am Kopf. Im Nachhinein habe ich mir dann gedacht, es wäre ja eh nicht meine Schuld gewesen, sondern die des Fahrers, der auch der Gitarrist ist. Ja, eigentlich erleben wir eh immer was. Beim Tourstart hab ich gleich mal Bekanntschaft mit der Polizei gemacht: Zu schnell gefahren, weil ich zu spät dran war. Dafür "darf" ich dieses Jahr vier Wochen zu Fuß gehen.
Rolf: Wir machen einfach wieder eine Tour die vier Wochen, dann bist du ja beschäftigt.
Michael: Wie schaut's aus mit dem beliebten Klischee Sex, Drucks & Rock 'n' Roll hat das noch seine Berechtigung? Hatte das jemals seine Berechtigung?
Patrick: Wir tun unser Bestes!
Tomcat: Wir geben uns redlich Mühe.
Patrick: Aber das mit dem Sex ist immer so schwierig.
Tomcat: Bei Dir vielleicht!
Toni: Ich sag mal so: In den Endachtzigern, da ging bestimmt noch was, aber heute… Es ist halt nicht mehr so wie früher.
Rolf: Da warst Du ja noch jung!
Tomcat: Und bist tagelang im Bett gelegen.
Toni: Nein, ich mein die Mentalität von den Leuten ist nicht mehr so wie früher. Früher waren sie halt…
Rolf: …war alles wilder!
Patrick: Also ich mach das heute noch gerne, der Tomcat auch.
Toni: Das streitet ja keiner ab, aber es ist nicht mehr so wie vor 20 Jahren.
Patrick: Jetzt mal abgesehen von den Drugs.
Tomcat: Und dem Sex!
Patrick: Und vom Rock 'n' Roll haben wir auch nicht so viel. (lacht)
Toni: Und dass es in den Staaten heute noch funktioniert, sieht man ja.
Rolf: In den Achtzigern war Backstage-Sex kein Problem, heute musst Du auf der Gästeliste stehen. Also das ist das Problem.
Michael: Mick Jagger hat ja mal gesagt, seine Formel für eine perfekte Frauen lautet: (sein aktuelles Alter)/2+7) Wie seht ihr des?
Rolf: Ich weiß nur dass er unheimlich viel bezahlen muss.
Patrick: Also bei mir ist das "barely legal"!
Michael: Gibt's einen Film zu dem ihr gerne mal einen Song beigesteuert hättet?
Patrick: Na "Rockstar" natürlich!
Toni: "From Dusk Til Dawn". Das wäre schon so ein Film gewesen.
Tomcat: Bei mir ist es "Planet Terror".
Toni: Auch nicht schlecht. Oder "Machete".
Rolf: Tanz der Teufel, erster Teil. Oder "Tanzius der Teufel".
Patrick: Oder vielleicht noch "Sissi - Schicksalstage einer Kaiserin". (lacht)
Rolf: Und "Still Crazy" finde ich richtig geil.
Michael: Gibt's noch irgendwelche Musiktipps, die ihr gerne los werden möchtet?
Patrick: Gun Barrel sollte man sich unbedingt mal anhören!
Toni: "Brace For Impact" heißt das Teil. Dann gibt's da noch ein Album von einer Band namens Gun Barrel, das heißt "Outlaw Invasion". Kann man nur wärmstens empfehlen.
Tomcat: "Bombard Your Soul" von Gun Barrel ist auch richtig gut.
Toni: Und dann gab's da noch eine Band, die hatte ein Jubiläum, ich glaub das war eine DVD. "Gunniversary" heißt die und ist kurioser Weise auch von Gun Barrel.
Patrick: Da kannst du jeden fragen! Sogar ihn dort. Karsten, hast du auch einen Musik-Tipp?
Karsten: Ja, Gun Barrel! Ich komm aus einem ganz kleinen Dorf, und da hören 75 % Gun Barrel von morgens bis abends!
Toni: Da siehst du's. Du kannst fragen wen du willst!
Rolf: Karsten, was möchtest Du denn gerne trinken? (lacht)
Michael: Gibt es irgendwelche Erwartungen, die ihr an die Fans habt?
Rolf: Dass die genau so bekloppt sind wie wir.
Patrick: Die sollen abgehen. Und dann können die Mädels gern die Blusen öffnen. Aber seit der Toni verheiratet ist, macht er so was nicht mehr.
Michael: Habt ihr schon mal in Österreich gespielt?
Rolf: Nein, ist das erste Mal.
Toni: Ja, ist unser Österreich-Debüt.
Michael: Hattet ihr Zeit Euch Wien anzusehen?
Toni: Ich war vor zwei Jahren privat mal hier in Wien und hab mir einiges angesehen.
Tomcat: Toni, wir haben uns doch vorhin was angeschaut, die mit der Fahne und den Plakaten.
Toni: Ja genau, die EU-Austrittspartei. Ihr habt hier arme Deppen rumrennen.
Patrick: Da hingen sechs so Banner mit der Aufschrift "EU-Austritts-Partei" und darunter drei so Gestalten.
Rolf: Entschuldigung, ich muss mal "austreten". (lacht)
Toni: Ihr lasst auch einiges zu, was? Sehr hohe Toleranzschwelle.
Michael: So ist das mit der Demokratie.
Toni: Ja, wie wahr.
Rolf: Haben wir angeblich auch!?
Michael: Vielen Dank für das Interview, gibt's noch was, dass ihr euren Fans gerne mitteilen möchtet, dann wäre jetzt noch die Gelegenheit dazu!
Patrick: Ja, die Leute sollen sich auf jeden Fall mal.... Wie heißt die Band nochmal? Toni kommst Du drauf?
Toni: Die habe ich gestern in Regensburg gesehen. Ah, genau, Gun Barrel. Bei der German Metal Attack Tour 2013. Übrigens vom 2. bis zum 6. Oktober gibt es Nachschlag, das selbe Paket, wir sind wieder dabei: Gun Barrel! Genaueres wird noch bekannt gegeben.
Moderation: Michael Voit; Fotografie: Michael Voit
Wer in das aktuelle Album „Brace For Impact“ von 2012
reinhören möchte, kann dies hier tun:
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