Die Löwen sind zurück in den Straßen und entzünden mit ihrem 70's-Sound, eine Hippie-Rock-Glückseligkeit, gewürzt mit einer guten Portion Boogie. Nach dem selbst aufgenommenen Debüt-Album von 2010, das mit Krachern wie "Already gone", "Hey Hey Arlene", "Waiting on a Woman" und natürlich dem Opener "Moving Along" bestückt ist - der zugleich auch der unbestrittene Höhepunkt ist. Mit "On The Lam" findet man endlich seinen lang erwarteten Nachfolger vor. Die kanadische Truppe um die Brüder Chris und Jeff Kinnon, betreten die ehrwürdigen Gefilde des Blues-Rock der Extraklasse, mit einem Hauch Retro-Feeling - auch wenn sie das nicht hören wollen. Dennoch ist es definitiv vorhanden und lässt sich nicht so ohne Weiteres abstreiten. Schmissige Gitarren, groovige Beats und ein Feeling, wie man es zuletzt beim Genuss von "Sticky Fingers" oder "A Nod is as good as a Wink..." hatte. Von wem diese beiden Alben sind? Das verrät der folgende Review von Lions in the Streets aktueller EP "On the Lam"!
Mit dieser Scheibe haben wir eine konsequente Weiterführung des Debüt-Albums, bei dem sich schon, alleine vom Hören, die Augen röteten."On The Lam" setzt da fort, wo der Erstling so großartig - mit dem vom Country angehauchten "Truer Now" - endete. Zugleich ist es auch die erste Veröffentlichung auf einem richtigen Label und folgt derselben Schiene wie schon das Debüt: Good ole' Rock 'n' Roll. Stilistisch kombinieren die Vier hier die Vorzüge der Rolling Stones mit dem rüden Charme der Faces. Alles in allem wirkt "On The Lam" als hätten die Herren Jagger und Richards - unter Beihilfe vom Black Rebel Motorcycle Club - die Aufnahmen aus sicherer Entfernung überwacht und notfalls ein wenig eingegriffen. Auch wenn ihr Ursprung eher bei The Clash liegt, wie Sänger und Gitarrist Chris Kinnon bestätigt: "We dig the good old Rock 'n' Roll, but it all starts from a darker, heavier Place!". Wer beim Genuss der fünf Nummern die Augen schließt, könnte genauso gut in einem Paralleluniversum gefangen sein, in der die Reise der Musik, ins neue Jahrtausend, ein gutes Ende genommen hat, und nicht im Massenvertrieb und Download-Wahnsinn endet. Guter, alter und vor allem ehrlicher Rock 'n' Roll ist es, was das Quartett hier abliefert. Ungeschminkt und nüchtern knallen sie ein grooviges Riff nach dem anderen raus, Saiten werden überstrapaziert und auch die Melodien erinnern mehr an den ursprünglichen Rock aus besseren Zeiten. Hoffentlich finden die vier Kanadier genug Anklang, den so eine aufrichtige Musik ist heutzutage leider sehr selten geworden bzw. ist nur mehr ganz schwer zu finden. Wieso haben es die interessanten Bands heutzutage nur so schwer und anderen, die ihre Seele für 15 Sekunden Ruhm verschenken, gehören die Bühnen? Eine wirklich bedenkliche Welt, in der wir leben. Obwohl, eigentlich hat sie sich erst in den letzten Jahren dorthin gewandelt. Ich vermute mal, nicht ganz unschuldig ist die Schnelllebigkeit unserer Zeit. In der kein Platz mehr ist, für Alben, an und mit denen man wachsen kann. Schade eigentlich, denn erst das, machte wahre Größe aus: Sich die Zeit zu nehmen und Musik bewusst zu "Hören". Was wir derzeit großteils betreiben, ist, uns berieseln zu lassen, was aber schon lange nichts mehr mit Musikhören zu tun hat, sondern maximal mit "Ablenkung"! Die Kombo aus Vancouver hat da ein ganz wirksames Gegenmittel geschaffen und Zuhören ist hier oberste Bedingung und Anliegen.
Musikalische Neuerungen gibt es jedoch kaum. Und über Innovation lässt sich mit Sicherheit auch streiten. Davon mal abgesehen, ändert das nichts an der Größe der EP - auch wenn man glaubt, das alles schon mal wo gehört zu haben. Na klar hat man das, aber nicht die Songs sind es, sondern einzig und allein das Feeling, das einem diesen Eindruck geradezu aufdrängt. Auch diesmal winseln die Gitarren wieder um die Wette - wie seinerzeit schon bei Richards, Taylor und Wood - der Bass rumpelt gemütlich dahin, und die Drums sind wuchtig und schwer gespielt. Den kleinen aber feinen Unterschied macht hier die Percussion. In jedem Song ist mindestens ein Tambourin dabei, rhythmische Eier und sonstige Finessen, die den Songs das nötige Feuer verleihen. Lustigerweise klingt der Gesang streckenweise stark nach Mick Jagger, was den Stones-Nachgeschmack natürlich noch bekräftigt. Wobei das nicht als Kritikpunkt zu sehen ist. Denn so unterstreicht es noch zusätzlich den Aha-Effekt samt Wiedererkennungswert. Das wirkliche Manko ist das neu aufgenommene "Moving Along". Es fällt leider weit hinter das Original von 2010 zurück, da dem aufgewärmten Titel schlichtweg der Kick-Ass-Faktor fehlt. Der Look der Truppe ist die einzig markante Veränderung. Waren sie beim Erstling noch irgendwo zwischen den Allman Brothers und den Black Crowes angesiedelt, so geht die neue Optik eher Richtung den adretten Kings of Leon. So ist auch nicht verwunderlich, dass dieser zeitgemäßere Stil, der Band sichtlich gut tut und von daher auch nicht gleich die üblichen Klischees auf die Bildfläche ruft. Über das etwas eigenartige Cover könnte man sicher das ein oder andere schreiben, aber ich spar mir die Energie für die Musik. Denn die ist ganz große Klasse, und authentischer als vieles, das sich dieser Tage als solches schimpft. Auch der Produzent Rick Parker ist kein Unbekannter, denn dieser arbeitete schon mit Acts wie Von Bondies, Beachwood Sparks oder - welch eine Überraschung - Black Rebel Motorcycle Club.
Fazit: It's only Rock 'n' Roll, but I like it! Lions In The Street sind die Band der Stunde, die den wohl höchsten Rock 'n' Roll-Gehalt im Blut haben. Seitdem die Black Crowes diesen Titel - wegen Nichteinhaltung - abgeben mussten, die Faces sich auflösten und die Rolling Stones nur noch ein geriatrischer Zirkus sind, rockte und rollte nichts mehr so anspruchsvoll wie die Truppe aus Vancouver. Schön, dass es heutzutage noch Bands gibt, die ihre ganze Seele spürbar in die Musik stecken, ohne sich im Produktionswahnsinn zu verlieren und den Titeln damit jegliches Leben entziehen. Außerdem sind Lions in the Street eine Band, mit der man alle zuvor genannten Gruppierungen ebenfalls neu entdecken kann. Großes Entertainment!
Anspieltipps: All For Your Love, Don't Hand It Over, So Far Away
Score:
85% Hervorragend!
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