Metal Trails Music Magazine | Metal Rock Punk Folk Pop and Alternative Music

Interview: The BossHoss

mit Boss Burns vom 21. Juli 2012 via Phone
„Country-Mucke auf dem Wacken Open Air? Was soll das denn, verdammt nochmal?!“, könnte einer der Gedanken sein, den sich manch ein Festivalbesucher bei der diesjährigen Ausgabe des größten Metalfestivals der Welt womöglich gestellt hat, als er die deutsche Band The BossHoss im Line-Up entdeckte. Der geschulte Wackengänger wird jedoch wissen, dass es tatsächlich gar nicht das erste Mal war, dass sich die Truppe um Boss Burns und Hoss Power erfolgreich im Zuge dieses Events die Bühne erstürmten. Viel mehr fühlt sich die Band schon als eine Art Stammgast im schwarzen Musikmeer.
Doch wie reagierten die Leute beim ersten Auftritt im Jahre 2009 auf die Musik von BossHoss? Welche Bedeutung hat die Öffnung der Festivals gegenüber anderen Randgenres für die Musik im Allgemeinen? Wie zufrieden sind Festivalbesucher, wenn sie mehr und mehr mit Bands konfrontiert werden, mit deren Musik sie vielleicht gar nicht allzu viel anfangen können? Oder ist die deutsche Festivalkultur im Hinblick auf Toleranz soweit entwickelt, dass es gar nicht anders sein könnte? Kann man überhaupt von „deutscher“ Festivalkultur sprechen, oder ist jedes Musikfestival in der großen weiten Welt doch irgendwie gleich?
Wie man es auch dreht und wendet, so ganz fehl am Platz ist BossHoss beim Wacken Open Air niemals, denn Boss Burns' (bürgerlich Alec Völkel) Wurzeln liegen in der Heavy Metal Musik, die er mit der Band Boon bis zur Jahrtausendwende auch selbst produzierte. Um das darauf folgende Alternative-Bandprojekt Teheran Taxi war es nun seit einigen Jahren ziemlich still geworden, doch die Gruppe ist, wie Boss uns berichtet, bei weitem nicht tot. Viel mehr ist wegen Zeitmangels bisher keine weitere Zusammenarbeit der Jungs möglich gewesen, was sich in Zukunft aber noch ändern könnte.
Für das Jahr 2013 haben BossHoss das nächste Album in Planung. Doch bevor sich die Jungs im Januar des nächsten Jahres ins Studio zurück ziehen, werden sie ein zweites Mal bei der Castingshow Voice of Germany ihren Platz in einer ganz besonderen Sitzgelegenheit einnehmen.
Viel Spaß beim Lesen!

Das Interview

Alex: Hi Boss! Vielen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Interview nimmst! Wie geht's dir denn so?
Boss: Ganz gut eigentlich ... bin jetzt gerade bloß etwas genervt, weil wir hier irgendwo in Norddeutschland auf einem Feld sitzen. Hier soll so ein Radiofestival stattfinden, aber das Wetter ist scheiße. Und das ist immer so, wenn du auf einem Festival mitten auf dem Land bist, wo nichts drum herum ist und du dann an den Ort gefesselt bist, während das Wetter schlecht ist. Dann ist das nicht so entspannend oder gemütlich. Aber sonst ist alles gut!
Alex: Demnächst steht euer Auftritt bei dem für seinen notorischen Regen bekannten Wacken Open Air an. Welche Erwartungen hast du an die Show?
Boss: In 'ner Woche! Ja, ich hoffe es wird super, weil wir jetzt schon zum dritten Mal da sind und die letzten beiden Male war es immer spitzenmäßig vom Wetter. Da hatten wir eigentlich immer Glück bisher. Und ich hoffe auf genau das - das es gut wird. Wie gesagt, wenn's regnet ist es immer scheiße, und der Sommer ist dieses Jahr auch nicht so besonders. Es sieht also nicht so viel versprechend aus, aber warten wir's ab!
Alex: Nun ist es ja das dritte Mal, dass ihr in Wacken spielt. Musstet ihr euch beim ersten Auftritt im Jahre 2009 mit eurem Stil vor den ganzen Headbangern erstmal behaupten? Und was waren so die Reaktionen auf euren damaligen Auftritt?
Boss: Ich glaube behaupten muss man sich immer auf einem Festival, egal ob man da schon war oder nicht. Und auch bei jeder Show aufs Neue! Ich find's ganz abgefahren, dass wir als BossHoss beim Wacken inzwischen so quasi als Stammgäste gehandelt werden, weil man im ersten Moment schon denken könnte: "BossHoss auf 'nem Metalfestival, was soll das denn?" Aber eigentlich passt es super, weil die Attitüde ist halt die selbe: Rock'n'Roll. Wir lieben die Klischees und sind live auch ne ganz schöne Wand irgendwie. Wir haben ja auch unsere Wurzeln in der selben Musik wie der Metal, auch deswegen passt es eigentlich super. Die Leute und wir auch haben Bock auf Party und feiern. Deswegen ist das ganz geil. Aber es war schon so, dass man am Anfang sich dachte: "Ohje, ob das gut geht?" Ob die uns von der Bühne jagen oder das abfeiern war nicht klar, aber die fanden es geil.
Alex: Also würdest du sagen, dass diese allgemeine Öffnung der Festivals gegenüber anderen Genres etwas Positives ist?
Boss: Ja, absolut! Find' ich immer gut, na logisch! Das ist ja das schöne an Festivals, dass du dort mal ein paar Sachen erleben und sehen kannst, wo du sonst vielleicht nicht explizit eine Karte für kaufen würdest, aber beim Festival dir denkst: "Okay, schon viel von gehört, geh ich mal hin, guck ich mir an, tut ja nicht weh!", weißt du? Und dann ist das auch für eine Band immer 'ne super Gelegenheit, neue Leute für sich zu gewinnen, die man sonst nicht erreichen würde.
Alex: Wie beliebt seid ihr eigentlich in den USA? Kommt ihr dort authentisch an, oder sind den Amerikanern Countryspielarten jenseits des Atlantiks eher nicht geheuer?
Boss: Das weiß ich nicht so genau, da müsste man sie mal dazu interviewn ... wir waren jetzt zwei Mal drüben, wenn man den Nordamerikanischen Kontinent nimmt. Einmal in Kanada auf Tour, einmal in Texas letztes Jahr, und das lief schon ganz gut. Ich glaube da kommen halt viele erstmal sehr neugierig und interessiert. Man hat schon einen gewissen Exotenbonus, weil wir ja aus Deutschland, aus Berlin, kommen. Da machen dann sieben Typen auf Cowboy und Countrymucke, was sie schon erstmal etwas fragwürdig finden. Aber es hat super funktioniert bisher. Die gehen steil drauf und bescheinigen einem doch, dass wir die Musik wesentlicher knackiger rüberbringen, was geil ist.
Alex: Gibt es denn zwischen der in Deutschland über Jahrzehnte ausgeprägten Festivalkultur und den Festivals im Ausland irgendwelche merkbaren Unterschiede?
Boss: Ne, würde ich nicht sagen. Ich glaube Festivals sind ... also, ich habe jetzt auch nicht alle auf der Welt gesehen. Aber wenn man so im Ausland guckt, dann sind Festivals schon überall ähnlich. Die Leute, die da hin fahren, haben Bock auf Bands, haben Bock auf Live-Mucke und vor allem auf drei bis vier Tage Durchdrehen. Das ist eigentlich in diesem Land das gleiche.
Alex: Hattet ihr vielleicht schon mal so ein Erlebnis, wo der Funke einfach nicht aufs Publikum überspringen wollte oder es eine ganze Weile gedauert hat, bis alle mitgefeiert haben und richtig abgingen?
Boss: Das ist immer ganz unterschiedlich. Es geht manchmal schneller und manchmal nicht. Wenn du eine eigene Show machst, dann geht es wesentlich flotter, ist ja klar. Denn dann kommen deine Fans, die sind wegen dir da und gehen dann sofort ab. Auf Festivals muss man sich schon immer ein bisschen mehr abstrampeln und das im Ausland natürlich um so mehr, wenn die Leute dich zum Großteil gar nicht kennen. Dann musst halt auch schon drauf achten, wie die Leute reagieren und im Notfall musst du halt 'ne Schippe drauf legen als Band, ein bisschen mehr Gas geben und vielleicht den einen oder anderen Song mal vorziehen, der ein bisschen mehr Druck hat und dann klappt das. Bisher hatten wir immer Glück! Wir standen noch nie auf der Bühne und unten sahen die Leute gelangweilt aus.
Alex: Das ist doch super! Lass uns doch jetzt nochmal nach dem etwas zeitliche Distanz aufgebaut ist auf euer am 9. Dezember 2011 erschienenes Album "Liberty of Action" zurückblicken. Würdest du sagen, dass ihr alles umsetzen konntet, wie ihr es euch zuvor vorgenommen habt?
Boss: Alles kann man nie schaffen, weil man als Band glaube ich nie fertig ist. Also bei uns zumindest ist es so, dass man immer das Gefühl hat, wenn das Album abgegeben ist, man hätte noch ein paar Wochen länger gebraucht oder gerne gehabt, um hier noch ein bisschen zu schrauben und das noch etwas zu verändern. Das ist glaub ich immer so. Auch wenn man jetzt mit der selben Platte nochmal ins Studio gehen würde, dann würde man es wieder ein bisschen anders machen. Das liegt, glaube ich, in der Natur der Sache. Aber grundsätzlich sind wir sehr happy mit dem Album, auf jeden Fall! Zumal wir auch auf der Platte musikalisch eine ganze Menge verändert haben oder. sagen wir mal, eine Entwicklung durchgemacht haben, die den Sound wesentlich vielfältiger hat werden lassen. Da sind ja durchaus schon ein paar poppige Elemente drin, hier und da kracht es ein bisschen mehr, dann wieder ein bisschen Country. Und, und, und ... Wir haben versucht, das ganze mal von all dem, was wir musikalisch so vorhaben, hier einfließen zu lassen. Das hat bisher so funktioniert, dass man sagen könnte, dass es wirklich das erfolgreichste Album ist.
Alex: Lasst ihr euch beim kreativen Prozess vom Label, den Fans und dem Publikum Grenzen setzen, oder lebt ihr auf euren Alben den kreativen Prozess aus, wie ihr wirklich wollt?
Boss: Naja, das versucht man dann schon so umzusetzen, wie man das will. Vom Label gibt es definitiv keine Beschränkungen, wäre ja noch schöner. Da haben wir wirklich Glück, da sind wir aber auch erwachsen genug, um uns da durchzusetzen. Und seid Anfang an läuft unsere Karriere mit der Plattenfirma zumindest relativ rund, was unsere Eigenständigkeit betrifft. Was glaube ich auch daran liegt, dass die am Anfang bei den ersten zwei, drei Alben nicht richtig wussten, was das überhaupt soll und warum das funktioniert. Das konnten die sich glaube ich gar nicht erklären. Und daher lässt man uns auf gut Vertrauen machen, wie wir Bock haben. Ansonsten gibt es schon einen gewissen Rahmen. BossHoss hat ja einen gewissen Sound, hinter dem wir stehen. Eine gewisse musikalische Vielfalt, die du immer schon auch einhalten musst. Ich meine, ich kann jetzt nicht morgen einen Reggae-Song machen, nur weil ich gerade Bock drauf habe. Das kann man zwar zuhause machen oder im Studio, aber wenn wir das auf eine Platte packen, dann werden deine Fans dich schon fragen: „Was geht denn da ab!?“ Von daher schauen wir schon in dem Rahmen, wie wir mit BossHoss klingen wollen, dort dann aber alles zu machen und auszuprobieren, was wir wollen.
Alex: Man könnte eure Entwicklung als „von Coverband zum erfolgreichen Selbstläufer“ zusammenfassen – Ist so etwas eine steuerbare Entwicklung?
Boss: Zumindest haben wir versucht, es dahin zu steuern. Das schon. Wir haben angefangen mit dem Cover-Ding, da gab's kein Konzept. Jedenfalls hatten wir da noch nicht vor, uns als Band zu etablieren und damit durch die Lande zu ziehen, mehr Platten damit zu machen und dann eine Karriere aufzubauen. Das war wirklich eine Schnapsidee und wurde zum Selbstläufer am Anfang. Dann war jedoch relativ schnell klar: Wenn man auf der Covernummer weiter rumreitet, dann wird man als Eintagsfliege verrotten. Weil ich glaube, sowas kann man nur einmal machen, das hat was mit dem Überraschungseffekt zu tun, wo es noch irgendwie neu ist. Wir hatten da Spaß dran, aber so ein Ding ist wie ein guter Witz! Den erzählst du drei Mal, aber dann ist er nicht mehr lustig. Deswegen war klar: Wenn wir weiter machen wollen, dann müssen wir BossHoss auf ein eigenständiges Gleis bringen. Wir haben das glaube ich ganz gut hinbekommen, das schrittweise bis heute mitzunehmen.
Alex: Welchen faktor spielen dann noch die Fans und das Publikum bei einer so steuerbaren Entwicklung?
Boss: Eine ganze Menge! Ich meine, die sind ja letztendlich der Schlüssel. Wenn du sie nicht erreichst und sie nicht überzeugst, dann stehst du als Band alleine zu Hause und kannst auch zu Hause bleiben. Daher ist es schon wichtig, dass der Sound, den man macht und auf den die Leute Bock haben, dass man da auch mal schaut, dass man den immer homogen hinkriegt. Also, dass man die Entwicklung, die man als Band vorhat, auch schrittweise realisiert, dass die Leute auch mitkommen und dass auch geil finden. Das macht einfach Sinn.
Alex: Du hattest ja selbst früher in der Heavy Metal-Band Boon gespielt. Da warst du unter anderem bei erfolgreichen Bands wie Rammstein und In Extremo im Vorprogramm unterwegs. Wie kam es, dass das Projekt aufgelöst wurde?
Boss: Naja, das hat sich so ergeben. Nach Boon gab es noch ein anderes Projekt. Boon hat sich von selbst aufgelöst im Jahr 2000. Wir sind nicht weiter gekommen, wie so viele Bands. Irgendwie macht man seine Mucke, spielt so ein paar Gigs und hat irgendwann das Problem, dass der Erfolg oder der letzte Schritt sich nicht wirklich einstellen mag, eome Plattenfirma fehlt, und, und, und ... Dann ist es wie bei allen Bands, man kriegt irgendwann Frust und aus Frust wird Streit und dann löst man sich auf, weil jeder irgendwie Schuld ist. Dann geht's halt weiter und man macht die nächste Band. Bei BossHoss war es halt Zufall, dass ich Sascha kennen gelernt habe und wir beide aus verschiedenen musikalischen Ecken kommen und dann zusammen Bock hatten so ein Country-Ding zu probieren. Es ist glaube ich manchmal fast das Beste, wenn man nicht so krampfhaft ran geht. Und deswegen ist seit acht Jahren BossHoss sehr erfolgreich! Aber die Metal-Wurzeln bleiben natürlich, und man hört sie hier und da auch.
Alex: War damit auch eine mentale Umstellung vom Heavy Metal zum Country verbunden?
Boss: Ja, das hat was mit dem Musikerdasein zu tun. Musik ist mir wichtig und das mache ich seit 25 Jahren. Da entwickelt man sich ja auch. Ich bin auf jeden Fall groß geworden - meine musikalische Sozialisierung sozusagen, war schon der Metal: Metallica, Slayer, Motörhead und Iron Maiden, so die Kiste damals. Das hat sich aber auch relativ schnell erweitert. Ich finde es immer gut, wenn man musikalisch den Horizont aufmacht und sich auch andere Sachen mal reinzieht, weil man da schnell feststellt, dass es eine Menge geile Sachen gibt, die man nicht unbedingt in der eigenen Szene antrifft. Das war dann bei mir so, dass irgendwann der Punkrock dazu kam, dann der Hardcore und dann irgendwann die Grunge-Welle. Ich war so achtzehn, neunzehn, als mich die Grunge-Welle voll erwischt hat. War natürlich ein riesen Ding für mich, und danach gab es dann Hauptsache Gitarrenmusik bei mir. Es ist echt vielfältig. Und deswegen passt es auch ganz gut, wenn man früher mal Metal gemacht hat und heute halt BossHoss. Das passt schon zusammen ...
Alex: Lebt denn eigentlich dein altes Bandprojekt Teheran Taxi noch?
Boss: Ne, auch nicht so wirklich. Wir halten Kontakt mit den Jungs und ich glaube seit drei Jahren nehmen wir uns vor, uns mal wieder im Proberaum zu treffen um ein Bisschen was zu machen. Aber bei mir ist die Zeit leider gerade so knapp, dass wenn ich mal Zeit und frei habe, ich gar nicht unbedingt sofort wieder in den Proberaum will.
Alex: Also könnte man sagen, das Projekt ist tot?
Boss: Tot würde ich nicht sagen, aber wie sagt man so schön? Auf unbegrenzte Zeit auf Eis ... das ist schade, aber es sind so Sachen, da habe ich schon Bock drauf, da werden wir auch irgendwann wieder was machen, aber das muss halt warten. Man muss eine Zeit finden, wo man wirklich mal Ruhe hat. Ich weiß nicht ... vielleicht nächstes Jahr, wenn man mal sieben oder acht Monate Auszeit macht, um ein neues Album zu schreiben! Und wenn man dann auch mal regelmäßig ein paar Monate zu Hause ist, dann hat man auch mal Zeit und Muße dafür. Das würde ich ja auch nicht zwischen Tür und Angel machen wollen.
Alex: Bist du denn ein Musiker, der beim Sonwriting-Prozess eher struckturiert arbeitet und nach immer gleichen Schemata vorgeht, oder bist du der Typ, der einfach solange herumjammed, bis etwas gutes dabei rum kommt?
Boss: Eher das Zweite, genau! Das ist eher bei uns insgesamt so. Try and error! Gitarre in die Hand nehmen und probieren - so machen wir das. Wir sind jetzt nicht so, dass man das, was man gelernt hat, jetzt irgendwie strukturiert und nach Plan einsetzt, sondern es passiert bei BossHoss genauso, wie früher bei all den anderen Bands, die wir hatten. Gitarre in die Hand nehmen, ein bisschen rumjammen, bis man einen geilen Riff hat, aus dem geilen Riff wird dann ne Strophe oder ein Refrain, eins kommt zum anderen und nach ein paar Tagen schmeißt man die Hälfte übern Haufen und fängt nochmal von vorne an. So halt ...
Alex: Ist es denn so, dass ein gelernter Musiker die Musik weniger aus sich selbst heraus schreibt, da er bestimmte Formen und Schemata einhalten will oder muss, als ein anderer Musiker, der herumjammed und dadurch im Grunde genau das reflektiert, was in ihm gerade vor sich geht?
Boss: Das weiß ich nicht genau ... man würde jetzt den gelernten Musikern vielleicht auf die Füße treten, denn das kann ich natürlich nicht beurteilen. Ich glaube aber, dass wenn man mehr autodidaktischer Musiker ist, dass man dann Musik mehr aus dem Gefühl raus macht. Wie das halt auf einen wirkt und was es emotional bei einem hervorbringt. Das glaube ich schon! Und wenn du strukturierter und nach Schemata zu denken gelernt hast, dann neigt man vielleicht eher dazu, zu sagen, dass auf diese und jene Harmonie die und die folgen muss, damit es irgendwie rund wird. Das hilft bestimmt, aber ich glaube, die Leidenschaft ist immer noch das Wichtigste daran.
Alex: Du hast ja auch einen zwölfjährigen Sohn. Ist er auch schon so ein musikinteressierter Mensch? Will er auch mal in deine Fußstapfen treten?
Boss: Ich versuche es auf jeden Fall offen zu lassen! So dass er nicht unbedingt denkt, dass er das jetzt sein müsste. Musik ist ihm schon wichtig, das geht ja gerade so los in dem Alter und war auch bei mir die Zeit, wo Musik einen Stellenwert im Leben bekomme hat, der damals extrem wichtig wurde. Bei ihm auch! Auf jeden Fall ist er schon mal vernünftig musikalisch erzogen, er hört die richtige Musik! Auf jeden Fall welche, die laut ist und knallt. Das finde ich schon mal super. Im Auto brauchen wir uns dann nicht streiten, wenn es um Musik geht. Das ist auch cool. Der fängt jetzt an ein bisschen Schlagzeug zu lernen und dann schauen wir mal, was draus wird.
Alex: Es gibt viele Menschen, die denken, dass musikalische Begabung vererbbar sei. Würdest du dem zustimmen, oder siehst du den Grund für die musikalische Entwicklung eines Menschen eher in seinem Umfeld?
Boss: Das ist eine Frage, die über meine wissenschaftlichen Kenntnisse hinausgeht, aber ich glaube das Umfeld spielt definitiv eine wichtige Rolle. Wenn du irgendwo groß wirst, wo Musik ein zentraler Wert im Leben ist, dann überträgt sich das auf jeden Fall. Also dass Musik dann auch einen gewissen Stellenwert hat, im Gegensatz zum Umfeld, in dem Musik unwichtig ist, das glaube ich schon. Sonst weiß ich nicht, das hat doch eher was damit zu tun, dass wenn der Vater zwanzig Jahre auf der Gitarre spielt, dass man dann selbst einen größeren Bezug und ein besseres Verständnis vom Instrument hat, als wenn das nicht so wäre.
Alex: Der ehemalige Gitarrist der Scorpions, Michael Schenker, thematisiert mit seinem neusten Album „Temple of Rock“ die „era of handmade rock“. Dabei steht dieser Tempel metaphorisch für die Generation an Menschen und Bands, die diese Musik geprägt und gespielt haben, wobei die nächsten Generationen dann ihren eigenen Tempel bauen müssen. Wenn dann diese Ära des handgemachten Rocks irgendwann enden würde, müssten wir damit rechnen, dass dann nur noch elektronische Musik den Ton angibt? Kann die handgemachte Rockmusik überhaupt aussterben?
Boss: Nö, das halte ich für Paranoia. Grundsätzlich finde ich es ja definitiv immer erstmal bereichernd, wenn mehr Sachen dazu kommen. Elektronische Musik gibt es ja auch schon dreißig Jahre oder länger und hat heute auch ihren Markt, Fans und Leute, die da drauf gehen und die sich damit wohl fühlen. Von daher ist das schon mal cool. Und außerdem ist wie immer der beste Weg, wenn sich irgendwann mehrere Stile gegenseitig kreuzen und befruchten, was ja vielfältig passiert. Rock-Bands wird es immer geben, weil es immer Leute geben wird, die die Energie, welche eine Rockband musikalisch auslöst, lieben. Und wenn sich irgendwann mal Dinge auch vermischen und irgendwann mal eine Rockband mit - gibt es ja eigentlich alles schon - elektronischen Elementen spielt, dann finde ich es eher bereichernd. Da muss ich mir dann keine Sorgen machen.
Alex: Ja, das ist glaube ich genau, was Michael meint. Dass dann zwar eine Art von Rockmusik erhalten bleibt, diese dann aber nicht mehr handgemacht ist ...
Boss: Da würde ich ihm widersprechen. Wenn man mal ins Radio hört, dann kann man vielleicht einen solchen Eindruck kriegen. Aber wenn man zum Beispiel so wie wir als Band unterwegs ist, dann siehst du, dass live hauptsächlich genau das stattfindet! Nämlich echte Bands mit organischen Instrumenten, die auf der Bühne handgemachte Musik präsentieren. Bei jedem Festival sind die Mehrheit der auftretenden Gruppen Rockbands. Wenn man sieht, wie viele tausende und hunderttausende Leute in Deutschland alleine zu den Festivals jeden Sommer rennen, dann mache ich mir keine Sorgen.
Alex: Was hältst du denn persönlich von dieser elektronischen Musik?
Boss: Je nachdem. Das ist eine Geschmacksfrage! Es gibt Sachen, die finde ich okay ... mich selbst haut es jetzt nicht so vom Hocker, bin da kein großer Fan. Aber es gibt da durchaus immer mal so ein paar Sachen, die mich auch mal beeindrucken, wo ich sage: "Wow, ist ganz geil gemacht!"
Alex: Alles klar! Wir kommen jetzt auch langsam zum Ende des Interviews. Könntest du unseren Lesern vielleicht einen kleinen Ausblick auf die nächsten Bandaktivitäten geben?
Boss: Jetzt bringen wir erstmal den Sommer zu Ende, werden also die Festival-Saison bis Ende September bzw. Anfang Oktober noch mitnehmen. Open Airs und ein paar Festivals spielen. Im Herbst setzen sich Sascha und ich wieder in die TV-Stühle und machen Voice of Germany Nr. 2. Und ab Januar ziehen wir uns ins Studio zurück und schreiben am neuen Album, welches wir im Herbst 2013 raus schicken wollen.
Alex: Gibt's da schon einen Arbeitstitel?
Boss: Ne, da gibt's noch gar nichts ... [lacht] Wir sind ja auch noch mitten im Sommer und das fängt dann wirklich erst an, sobald man sich in Ruhe hinsetzt. Der Albumtitel kommt dann auch meist erst ganz zum Schluss. Da kann man sich nämlich immer nicht einigen.
Alex: Und Song-Ideen? Oder habt ihr da noch Überbleibsel von der letzten Produktion?
Boss: Da gibt es schon ein Paar, na klar. Song-Ideen gibt's immer welche! Die entstehen ja zwischendurch automatisch, wenn man mal ein bisschen rumprobiert und rumjammed. Das packt man dann brav in die Schublade und es wird konzentriert dran gearbeitet.
Alex: Kann man denn eine musikalische Revolution erwarten?
Boss: Das glaube ich nicht! [lacht] Ich denke mal wie immer: Den Weg konsequent weiter gehen und das, was wir bereits mit "Liberty of Action" eingeschlagen haben, wird glaube ich dann auch der Weg sein, den wir beschreiten wollen.
Alex: Dann bedanke ich mich nochmal für deine Zeit und das Interview! Alles Gute für die Zukunft! Jetzt gehört dir das allseits beliebte Schlusswort an die Fans.
Boss: Am besten immer brav zu den Shows kommen, BossHoss live nicht verpassen und immer die Fahne des Rock'n'Roll hoch halten!
Moderation: Alexander Kipke
Wer in das im Dezember 2011 erschienene Album "Liberty of Action"
reinhören möchte, kann dies hier tun:
[amazon "The BossHoss – Liberty of Action (2011)"]B0063WO0YG[/amazon]

Kommentare von Besuchern

25. April 2014, 17:11
fame to BossHoss sagt:
Ich liebe the BossHoss das ist die beste Band Eber Eber Eber THANX Jungs das es euch gibt
25. April 2014, 17:10
fame to BossHoss sagt:
Alec& Sascha sind die besten!!!!!!!! <3<3<3<3<3<3<3<3<3<3<3<3<3 BossHoss!!!!!!!!<3<3<3<3<3<3

Das Verfassen neuer Kommentare ist derzeit deaktiviert.

Nicht genug?

Diese Magazininhalte könnten dich ebenfalls interessieren!
Kategorie:
Interviews
Bilder
Reviews
Login
© 2010 – 2024 Metal Trails